Umgang mit Rückfederung bei der Simulation und Umformung von ultrahochfesten Stählen für die Automobilindustrie

Wenn Sie auf höhere Niveaus bei extra- und ultrahochfestem Stahl (AHSS/UHSS) umstellen, wird die Planung der Rückfederung zu einem wichtigen Faktor bei Ihren Umformsimulationen, Ihren Stanzprozessen – und sogar bei der Geometrie Ihrer Fahrzeugkomponente. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse vom letzten Webinar über Rückfederung von SSAB zusammen.

Rückfederungstypen bei extra- und ultrahochfesten Stählen

Es gibt zwei Typen von Rückfederungen bei extra- und ultrahochfestem Stahl: eine, die im Radius beim Umformen auftritt, und eine andere, die in der Fläche auftritt, wodurch eine „Seitenwandkrümmung“ entsteht. Die Höhe der Rückfederung wird durch die Festigkeit des Stahls, seinen Elastizitätsmodul und seine Kaltverfestigung beeinflusst.

Wenn Sie eine Simulation der Dehnung im Radius durchführen, können Sie nicht nur das Grenzformänderungsschaubild verwenden – es zeichnet die mittlere Schicht des Stahls auf und kann daher recht niedrig sein, z. B. 1 % oder 2 %. Durch das Aufzeichnen von allen Schichten, einschließlich der Außenschichten, können Sie eine viel höhere plastische Verformung feststellen, z. B. 11 % oder mehr.

Um simulierte Rückfederungsergebnisse bei extra- und ultrahochfestem Stahl mit Scans eines tatsächlich umgeformten Teils zu vergleichen, hat SSAB eine Stoßfängerkonstruktion zum Testen verschiedener Materialmodelle entwickelt. Durch Verwendung eines einfachen isotropen Härtungsmodells nach Hill 90 korrelierte die prognostizierte Rückfederung des Stoßfängers recht gut mit dem tatsächlich umgeformten Teil. Ein ähnliches Ergebnis ist bei Verwendung eines isotropen BBC2005-Härtungsmodells aufgetreten (gute Korrelation mit dem tatsächlichen Teil). Wenn Sie kinematische Härtungsmodelle verwenden, ist es wichtig, daran zu denken, dass deren Parameter das Rückfederungsverhalten tiefgreifend beeinflussen: Mit den richtigen Parametern liefern kinematische Modelle eine sehr gute Korrelation mit dem tatsächlichen Teil. Daher ist es besonders wichtig, bei Simulationen sehr gute Messwerte für hochfeste extra- und ultrahochfeste Stähle zu verwenden.

Arten der Rückfederung

Die Teilegeometrie hat einen großen Einfluss auf die Rückfederung. Beispielsweise hat ein einzelnes Hutprofil eine viel höhere Rückfederung (Seitenwandwölbung) als ein Doppelhutprofil, vor der Rückfederungskompensation bei den Konstruktionen. Der Grund hierfür ist, dass das Doppelhutprofil Radien in entgegengesetzte Richtungen hat, so dass die Rückfederungen einander grob „auslöschen“.

Um die Rückfederung bei einem einzelnen Hutprofil auszugleichen, wenn Sie extra- und ultrahochfesten Stahl verwenden, der zum Beispiel zweiphasig 600 MPa oder 800 MPa ist, könnten Sie versuchen, die Wand des Teils zu dehnen und dann einen schärferen Radius zu verwenden, um dadurch die Verformung der Wand besser zu beeinflussen. Doch bei hochfesten Gigapascal-Stahlgüten (1.000 MPa oder mehr) brauchen Sie eine andere Lösung. Im Inneren des Werkzeugs könnte sich eine Nocke befinden, um die Umformrichtung zu ändern und dann die Reibung zu variieren, was die Abweichung des Teils zum Beispiel von über 0,7 mm auf höchstens 0,5 mm reduziert. Das Webinar über Rückfederung zeigt ein Video über diesen mehrstufigen Umformprozess.

Seitenwandwölbung

Die SSAB BendCalc App und das Materialmodell zur Schätzung der Rückfederung beim reinen Biegen

Die Smartphone-App von SSAB BendCalc ist die erste Software zur Prognose der realen Rückfederung beim reinen Biegen von extra- und ultrahochfesten Stählen. Zu den Einstellungen gehören die Auswahl Ihrer Docol® Stahlgüte, Ihres gewünschten Winkels, Ihrer Geometrie, des Reibungsgrads und anderer Einrichtungsbedingungen. BendCalc kann kostenlos im App Store oder auf Google Play heruntergeladen werden.

Das theoretische Modell hinter BendCalc ist wie folgt. Zunächst führte SSAB Biegeversuche unter reibungsfreien Bedingungen, ähnlich dem VDA 238-100 Biegeversuch, durch, um die Kraftkurve im Bezug zur Hublänge (oder Position) aufzuzeichnen. Diese Daten wurden dann in Querschnittsmoment und Biegewinkel übertragen, wobei die Geometrie der Biegeanordnung sorgfältig notiert wurde.

Durch Anwendung des geschätzten Moments ist es auch möglich, die aktuelle Form des Krümmungswinkels der Flansche des Teils – und den Kontaktwinkel zwischen Rohling und Schneide – kontinuierlich zu berechnen. Alle diese Winkel beeinflussen separat die endgültige Rückfederung bei extra- und ultrahochfestem Stahl. Das BendCalc-Modell hat eine gute Übereinstimmung mit einer großen Anzahl von internen SSAB Biegeversuchen, mit denen Sie Ihre Geometrieeinstellungen eingeben können, um Schätzungen für Rückfederung, Hublänge, maximale Kraft und andere Parameter zu geben.

BendCalc mobile App

Stabilisierung der Umformung von extra- und ultrahochfesten Stählen durch empfohlene Werkzeugstahlgüten

SSAB verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung bei Werkzeugstahllösungen für HSS. Unser Know-how basiert auf realen Produktionsergebnissen unserer Kunden sowie der Teilnahme an verschiedenen F&E-Projekten, bei denen langfristige Serien untersucht werden. Laden Sie unsere 40 Seiten umfassende Broschüre über Werkzeuglösungen für extra- und ultrahochfeste Stähle herunter, um Empfehlungen für spezielle Werkzeugstähle zu erhalten.

Bei Umformarbeiten können werkzeugbedingte Fehler wie Kaltverschweißen, Verschleiß und plastische Verformung auftreten, während Stanzarbeiten auch Absplitterungs- und Rissfehler umfassen können. Bei nicht-optimalen Werkzeugstahlverfahren kann sich mit der Zeit Reibung aufbauen, was den Rückfederungseffekt erhöht und dafür sorgt, dass die Toleranzen bei Ihren Teilen überschritten werden. Ein weiteres Problem kann das Zerspanen des Werkzeugs beim Schneiden sein, was zu schlechten Schnittkanten führt, die die Gefahr von plötzlichen Brüchen in den Flanschen verursachen.

SSAB bietet eine sehr spezifische Anleitung für Werkzeugstahlgüten für das Stanzen seiner extra- und ultrahochfesten Docol® Stahlgüten mit Härten ≥ 60 HRC, um Plastifizierung zu verhindern, und empfiehlt in der Regel Oberflächenbehandlungen (Beschichtungen). Die höheren Anfangskosten für diese Hochleistungs-Werkzeugstähle werden durch eine Verringerung von Produktionsunterbrechungen und der Kosten für die Werkzeugaufarbeitung/-wartung mehr als ausgeglichen.

Das Stanzen von extra- und ultrahochfesten Stählen bedeutet einen höheren Druck und ein erhöhtes Risiko für Kaltverschweißen. Um stabile Reibungsbedingungen zu gewährleisten, entwerfen Sie einen Werkzeugeinsatz und verwenden Sie PVD/CVD-Werkzeugstahl oder Duplexstahl. Vor dem Hinzufügen der Beschichtung ist Polieren sehr wichtig. Polieren Sie die Oberfläche auf mindestens Ra 0,2 µm in sehr kritischen Bereichen bis R 0,05 μm, um Risse, Kaltverschweißen und erhöhte Reibung zu vermeiden.

Für Kaltumformen und Stanzen von extra- und ultrahochfesten Stählen sollten Sie Toolox® Werkzeugstahl von SSAB mit einer Oberflächenhärte für PVD, Laser- und Induktionsschweißen und Nitrieren verwenden. Toolox® Stahl hat aufgrund seiner hohen Reinheit im Mikrobereich eine geringere Reibung und einen sehr hohen Dämpfungsgrad aufgrund seiner Vibrationsbeständigkeit, seiner hohen Ermüdungsfestigkeit und seiner hohen Beständigkeit gegen Absplitterung und Rissbildung.

Titelblatt der Broschüre über Werkzeuglösungen
pdf 1.49 Mb
Docol® Werkzeugtechnische Lösungen für extra- und ultrahochfeste Stähle

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